© Holger Kames 2000, Letzte Aktualisierung: 13.04.2001
Der Eisenbahnfan Holger Kames
1. Kapitel - Wie alles anfing
Ich gebe es zu: Ich bin süchtig! Seit frühester Kindheit! Die Droge Dampf hat auch mich ergriffen. Begonnen hat wohl alles auf dem Bahnhof Berga-Kelbra an der Strecke Halle/S.-Nordhausen. Es war so etwa im Jahre 1962-63. Gerade des Laufens auf eigenen Beinen kundig, zog ich meine Mutter ungestüm zur Lokomotive eines im Anfahren begriffenen Personenzuges. Die Wolke und das Geräusch des ausströmenden Dampfes - einfach herrlich! Und eben ansteckend!
Wir wohnten seinerzeit in Halle/S. unweit der sogenannten Kasseler Bahn. Wenn wir in der Gegend umherstromerten oder mit unseren Eltern spazieren gingen, war eine längere Pause auf einer schmalen Straßenbrücke an der Abzweigstelle Wörmlitz (Aw) fast schon Pflicht. Dort ist ein kerzengerader, tiefer Geländeeinschnitt und die Strecke steigt - von der Saale heraufkommend - ziemlich stark an. Wenn dort ein Güterzug mit einer 44er den Berg hinaufkam, dann sah und hörte man ihn schon meilenweit. Mit Spannung warteten wir darauf, daß die Lok mit dem Schornstein unsere Brücke erreichte und uns in eine Wolke aus Rauch und Abdampf einhüllte. Seit dieser Zeit weiß ich, daß man die Dampflokomotive nicht nur mit Augen und Ohren, sondern eben auch mit der Nase erlebt haben muß.
Das Stellwerksgebäude der Abzweigstelle Wörmlitz hatte eine wohl einmalige Besonderheit: Dort gab es an der östlichen Wand einen sogenannten Grabenspiegel. Dieses optische Hilfsmittel bestand aus einem Holzschacht von ungefähr 25 mal 25 cm Querschnitt und etwa 2 Metern Länge, in welchem oben und unten jeweils ein um 45° geneigter Spiegel angebracht war. Mit Hilfe dieser Einrichtung konnte der Blockwärter über unsere Brücke hinwegschauen und seine eigentlich verdeckt stehenden Formsignale überwachen.
Ein weiterer beliebter Standort war bei einem Pappelwäldchen an der Silberhöhe. Dort konnte man die Züge in ihrer vollen Länge herrlich beobachten und Wagen zählen. Wer hat das in seiner Kindheit wohl nicht getan? Was gab es da nicht alles für herrliche Garnituren zu sehen...! Eine Altbau-01 mit preußischem Gepäck- und einigen Oberlichtwagen im Gefolge, oder eine P8 mit "Tausend-Türen-Wagen" waren damals noch alltäglich, oder...
...wie hier mit mir zusammen abgelichtet: eine Kohlenstaub-58er !
36 Jahre später gibt es die Telegrafenmasten und die Formsignale nicht mehr, dafür aber Oberleitung, eine häßliche Heiztrasse und das Plattenbau-Wohngebiet "Silberhöhe".
Ach übrigens - die kratzende Strickmütze vom vorigen Bild paßt mir auch nicht mehr :-)
Zu Hause bildete ich die Züge aus PEBE-Bausteinen nach, welche seinerzeit übrigens noch mit LEGO völlig kompatibel waren. Die fehlenden Details dachte ich mir einfach mit viel Phantasie hinzu! Später dann habe ich meinen Kindern aus LEGO-Steinen mein Lieblingsmodell nachgebaut. Ich stellte erstaunt fest, daß ich schon damals eine 65.10 als Vorbild gewählt und sogar die Windleitbleche nachgestaltet hatte.